Akupunktur ist eine traditionelle chinesische Heilmethode, die durch definierte Reize an spezifischen Körperstellen die Eigenregulation des Organismus aktiviert, um so Beschwerden zu lindern und die Gesundheit zu fördern. Durch die Behandlung wird das „Qi“ stimuliert, eine Energie, die nach der traditionellen chinesischen Medizin (TCM), auf Leitbahnen (Meridianen) fließt und alle wesentlichen Körperfunktionen steuert. Krankheiten gehen demnach auf eine Störung dieses Energieflusses zurück, die durch Akupunktur (Nadelung), Akupressur (stumpfen Druck) oder Erwärmung (Moxibustion) bestimmter, meist auf den Meridianen liegender, Punkte behoben werden kann. Die moderne Akupunktur verwendet darüber hinaus auch Laserlicht, Infrarotgeräte, Elektrostimulation und Injektionstechniken.
Geschichte der Akupunktur
Archäologische Funde lassen darauf schließen, dass Akupunktur in China vermutlich schon seit 5.000 Jahren praktiziert wird. Schriftlich erwähnt wurde sie erstmals im zweiten Jahrhundert vor Christus. Nach Europa kam das Heilverfahren im 16. Jahrhundert mit niederländischen Kaufleuten, aber erst Anfang des 20. Jahrhunderts fand Akupunktur auch in Deutschland Beachtung. 1951 wurde die Gesellschaft für Akupunktur (heute Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur) gegründet. Die Anerkennung durch die offizielle Gesundheitspolitik fand trotz des großen Interesses der Öffentlichkeit aber erst mit der Novelle der ärztlichen Gebührenordnung (GOÄ) im Jahr 1996 statt. 2004 hat die Bundesärztekammer Akupunktur als ärztliche Weiterbildung eingeführt und seit 2007 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für Akupunkturbehandlungen.
Im Lauf der letzten 30 Jahre ist die Wirksamkeit der Akupunktur in zahlreichen, zum Teil sehr umfangreichen klinischen Studien untersucht worden. Im Wesentlichen werden die Akupunktureffekte demnach durch körpereigene schmerzhemmende Systeme im zentralen Nervensystem erzeugt. Ihre genaue Wirkweise ist jedoch bisher noch nicht vollständig entschlüsselt worden. Dennoch hat heute niemand mehr Zweifel daran, dass sich mit Akupunktur bei vielen Erkrankungen positive gesundheitliche Effekte erzielen lassen.
Akupunkturpunkte und Leitbahnen
Akupunkturpunkte liegen meist an den Austrittsstellen sensibler Nerven, an Motorpunkten und Perforationen der Haut oder in der Nähe größerer Blutgefäße. Die klassische Akupunktur kennt 362 solcher Punkte, die sich auf 14 Meridiane verteilen. Jeder einzelne ist anatomisch genau definiert. Zusätzlich gibt es zahlreiche sogenannte Triggerpunkte, die ebenfalls mit einbezogen werden. Noch anderen Punkten wird eine übergeordnete Wirksamkeit zugesprochen.
Die jeweils zu stimulierenden Punkte liegen nicht unbedingt lokal direkt am Ort der Symptome, sondern mitunter auch an teils weit entfernten Körperstellen. Als Erfahrungsmedizin liefert die TCM empirisch begründete Anhaltspunkte für den therapeutischen Einsatz dieser sogenannten Fernpunkte.
Akupunktur-Behandlung
Bei der Akupunktur werden in verschiedenen Bereichen des zentralen Nervensystems sowie im Plasma schmerzsenkende Opioide wie Endorphin B, Met-Enkephalin und Leu-Enkephalin ausgeschüttet. Die genaue Wirkung der Akupunktur hängt darüber hinaus auch von der Wahl der Punkte und der Stimulationstechnik ab.
Bei der Behandlung mit Nadeln kann ein lokales Wärmegefühl oder eine kleine Rötung rund um die Einstichstelle auftreten. Mögliche Ursachen dafür sind eine Wirkung auf das zentrale Nervensystem, die direkte Stimulation von vasoaktiven Neuropeptiden oder die periphere Ausschüttung von Endorphinen.
Für die Wirkung der Akupunktur sind vermutlich auch die Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin von Bedeutung, die für das System der körpereigenen Schmerzhemmung eine komplexe und noch nicht gänzlich entschlüsselte Rolle spielen. Weitere wichtige Neurotransmitter sind GABA, CGRP und andere Neuropeptide. Es gibt Hinweise für zahlreiche weitere Wirkungen der Akupunktur, so etwa die Beeinflussung des zentralen autonomen Nervensystems und der Leistungsfähigkeit von Herz und Kreislauf, die Reduzierung von Migräneattacken oder eine Veränderung des Serum-Cortisol-Spiegels.
Wirkrichtungen Akupunktur:
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Schmerzlindernd
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Muskeltonus regulierend
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Immunmodulierend
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Psycho-neuro-endokrine Wirkung
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Abschwellend
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Durchblutungsfördernd
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Vegetativ regulierend
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Psychisch ausgleichend
Mit modernen Verfahren wie der funktionellen Kernspintomographie lässt sich die Wirkung der Körperakupunktur (oder der Laserakupunktur) auf den Stoffwechsel im Gehirn eindeutig nachweisen: In jenen Hirnbereichen, die mit den stimulierten Akupunkturpunkten in Verbindung stehen, zeigt sich eine stark erhöhte Aktivität.
Große wissenschaftliche Studien belegen, dass die Akupunktur bei einer Reihe weit verbreiteter Erkrankungen wie Heuschnupfen, Tennisellbogen, Menstruations-beschwerden, allergischem Asthma oder chronischen Wirbelsäulenleiden den herkömmlichen medizinischen Therapien klar überlegen ist.
Die weltweit größten Untersuchungen, die ART- und GERAC-Studie (Modellvorhaben Akupunktur) mit mehr als 250.000 Patienten wurden in Deutschland durchgeführt. Sie ergaben, dass Akupunktur bei chronischen Kopf-, Rücken- und Gelenkschmerzen (z.B. infolge einer Arthrose) in drei von vier Fällen zu einer deutlichen und lang anhaltenden Schmerzlinderung führt. Die Studien weisen darauf hin, dass Akupunktur bei diesen Beschwerden genauso gut oder sogar besser wirkt als herkömmliche Therapien (Medikamente, Krankengymnastik oder Massagen).
Indikation
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Bandscheibenvorfall Beschwerden
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Burnout
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Rückenschmerzen
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Kopfschmerzen und Migräne
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Arthrose
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Allergisches Asthma
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Gicht
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Schulter- und Knie- Schmerzen
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Rheuma
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Reizdarm
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Reizblase
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Magenschleimhauteintzundung
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Menstruationsbeschwerden
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Schuppenflechte
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Psorias
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Sodbrennen
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Stress
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Tennisellenbogen
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Harninkontinenz
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Heuschnupfen
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Geburtsvorbereitung
Kommentar von Olga Beckmann
Bei der komplementärmedizinischen Anwendung der Akupunktur ist die Wirksamkeit und Sicherheit nach wissenschaftlichen evidenzbasierten Kriterien erwiesen. Die Akupunktur ist ein Teil der tradizionellen chinesischen Medizin und der chinesische Wissenschaft, die analytisch geprägt ist. Ein grippaler Infekt ist daher nicht nur eine Viruserkrankung sondern auch eine Wind-Kälte-Erkrankung, solange man zug- und kälteempfindlich ist.Für die Behandlungen von Störungen des Bewegungsapparates und Muskel-Faszien-Sehnen Störungen ist eher neurophysiologische und neuroanatomische Strukturen therapeutisch zu beachten sogar vorteilhafter. Nach meiner Erfahrung lässt sich Akupunktur besonders erfolgreich bei strukturellen und konstitutionellen Problematiken des Körpers einsetzen, also zum Beispiel zur Behandlung von Muskeln, Gelenken, Sehnen oder bei akuten Migräneanfällen.
Quellen
- Han Chaling: Leifaden Tuina. Urban & Fischer Verlag, München, 2002.
- König, G., Wancura, I.: Praxis und Theorie der Neuen Chinesischen Akupunktur. Band 3: Ohr-Akupunktur. Verlag Wilhelm Maudrich, Wien 1987.
- Lorenzen, U., Noll, A.: Die Wandlungsphasen der traditionellen chinesischen Medizin. Band 1-5 (1992, 1994, 1996, 1998, 2000). Müller & Steinicke, München.
- Ogal, H., STör, W. (Hrsg.): Seirin-Bildatlas der Akupunktur. KVM-Verlag, Marburg 1999.
- Pollmann, Naschmil: Kursbuch Akupunktur. 2. Auflage. Urban & Fischer Verlag, München, 2008. S. 2-18.